Mauern, soweit das Auge reicht

Der karge Charakter der maltesischen Landschaft hat nicht nur klimatische Ursachen, sondern ist auch Resultat der traditionellen agrarischen Anbaumethoden. Der größte Teil der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche wird im Trockenfeldbau bewirtschaftet. Während der Jahreszeit, in der so gut wie kein Regen fällt, bleiben die Felder unbebaut, werden aber gepflügt und von Unkraut freigehalten. Nur im Winter bepflanzt man sie und bringt jährlich eine Ernte ein.

Während der Brache ist diese Erde Winden und Regenfällen schutzlos ausgesetzt und daher ständig von Erosion bedroht. So haben die Bauern die Felder mit hüfthohen Steinwällen umgeben, die den Wind brechen und Abschwemmungen stoppen. Diese Mauern teilen die Flure in viele Parzellen, die wie kleine Gärten erscheinen. Da zudem das hügelige Gelände stark terrassiert ist, türmen sich so in horizontaler Perspektive Mauern über Mauern, hinter denen sich die Ackerflächen verbergen.

Die Parzellenwirtschaft mit ihrer extremen Landzersplitterung liegt jedoch in den traditionellen Formen der Erbteilung begründet. Da sich bei guten Böden oder künstlich bewässertem Land eine Nutzung selbst auf kleinsten Parzellen noch lohnt, wurden die Anbauflächen immer winziger. Kleinbäuerliche Betriebe sind daher bis heute die Regel. Die meisten Landwirte bewirtschaften weniger als 5 ha und müssen zusätzliche Flächen anpachten. Die Abhängigkeit von den Großgrundbesitzern und der Kirche als größte Landeigentümerin Maltas war insofern erheblich und Grundlage eines ausgeprägten Patronagesystems.

Insgesamt jedoch sind solche Regionen selten, denn in der Regel fehlen Vorraussetzungen, wie ein leicht erreichbarer Grundwasserspiegel oder natürliche Quellen. Doch dort, wo die Wasserversorgung gesichert ist, sind die Anbauflächen das ganze Jahr über grün und tragen bis zu drei Ernten. Wie seit Jahrhunderten fördern Windräder das kostbare Nass in zisternenartige Speicher, aus denen es über Felder verteilt wird.

Der Aufwand, mit dem die Malteser die Äcker pflegen, steht in krassem Gegensatz zu ihrer Gleichgültigkeit dem Naturland gegenüber. Die unfruchtbaren Ebenen gelten schlicht als Ödland (Moxa), welches höchstens als Ziegenweide genutzt werden kann. Für alle Inselbewohner gleichermaßen nutzlos, wird sie im schlimmsten Fall als Müllkippe benutzt.

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